Im Dialog mit: Prof. Dr. Dietrich Ober

Shownotes

In der ersten regulären Ausgabe von "wissen.schafft.dialog. Der CAU-Podcast" begrüßen wir Prof. Dr. Dietrich Ober. Er erzählt im Gespräch wie er als Grundlagenforscher den Weg nach Kiel gefunden hat, was Alkaloide sind, warum der Botanische Garten der Uni Kiel eine exzellente Adresse für Auszubildende im Zierpflanzenbau ist und warum das Kieler Herbarium eine wahre Fundgrube für Pflanzenforschende weltweit ist.

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00:00:00: Und so versuchen wir uns ein immer besseres Bild von der Wirklichkeit zu machen.

00:00:11: wissen.schafft.dialog. Der CAU-Podcast

00:00:17: Moin Moin, liebe Hörerinnen und Hörer, zu Hause und an den mobilen Hörgeräten. Herzlich Willkommen zu wissen.schaff.dialog, dem CAU-Podcast. Mein Name ist Daniel Mumme und ich freue mich, dass sie heute dabei sind, denn es ist eine besondere Ausgabe. es ist die erste reguläre Ausgabe von unserem CAU-Podcast. Und weil das so ist, möchte ich, bevor ich Ihnen gleich unseren heutigen Gast etwas genauer vorstelle, zunächst ausnahmsweise zwei, drei Sätze dazu verlieren, was wir in den kommenden Monaten in diesem Format überhaupt vorhaben. Wir möchten im Schnitt einmal pro Monat einen interessanten Gast, eine interessante Persönlichkeit, aus der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel bei uns in den Podcast einladen. Und das können ohne weiteres mal zwei Personen sein oder drei Personen sein. Aber bei der Auswahl der Gäste haben wir uns eigentlich nur drei Regeln auferlegt. Nämlich Nummer 1: Unser Gast, unsere Gäste, müssen aus der Universität kommen oder irgendwas mit der Universität zu tun haben. Nummer 2: Er oder sie muss eine spannende Geschichte, ein spannendes Thema mitbringen, über das wir uns dann im Podcast unterhalten möchten. Und Nummer 3: Er oder sie muss natürlich auch Lust haben, sich unseren Fragen hier im Podcast zu stellen. Und deswegen freuen wir uns in den kommenden Monaten auf Gäste aus allen Bereichen der Universität, aus dem Bereich der Forschung, aus dem Bereich der Lehre, aus dem Bereich der Verwaltung, möglicherweise auch Studierende, wenn sie interessante studentische Projekte haben., wir sind da relativ offen, und wir haben natürlich in der Redaktion eine erste Vorauswahl getroffen und die ersten potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten für den Podcast bereits angesprochen und identifiziert. Aber wenn sie Ideen haben, wenn sie Leute kennen, wo Sie sagen, er oder sie hat eine total interessante Geschichte, ein total interessantes Thema und er,oder sie sollte auch mal in diesem Podcast gehen, dann schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an podcast@uni-kiel.de und schlagen Sie uns die Person vor. Und dann werden wir gucken, ob wir möglicherweise auch diese Person demnächst bei uns im Podcast begrüßen dürfen. So genug der einleitenden Worte kommen wir zum wichtigen Part in diesem Podcast, zu unserem heutigen Gast. Und der ist nicht nur grundlagenforschunder Wissenschaftler und Dozent, er ist zugleich auch Direktor des Botanischen Gartens unserer Universität. Und die Rede ist natürlich von Prof. Dr. Dietrich Ober und Herr Ober wird uns heute erklären was Alkaloide sind, warum er mit Grundlagenforschung bahnbrechende Erkenntnisse gewinnen kann, ohne es möglicherweise selber zu wissen, warum der Botanische Garten zudem eine sehr gute Anlaufstelle für zukünftige Auszubildende im Zierpflanzenbau ist und warum das Kieler Herbarium als wissenschaftliche Fundgrube für Pflanzenforschende aus aller Welt dient. Aber bevor wir jetzt gleich den Dialog starten, noch ein paar biographische Eckdaten zu unseren Gast.

00:02:50: Curriculum Vitae - Unser Gast im Kurzportrait

00:02:55: Professor Doktor Dietrich Ober ist seit Mai 2006 Professor für Botanik und Direktor des Botanischen Gartens an der CAU Kiel. Aufgewachsen in Hildesheim, studierte er Biologie an der TU Braunschweig. Dort wurde er 1997 mit Auszeichnung promoviert, habilitierte sich 2004 ebenda und erhielt folgerichtig die Venia Legendi für die Fächer Botanik und Pharmazeutische Biologie. Dietrich Ober ist Gründungsmitglied der International Max Planck Research School of Evolutionary Biology, war Mentor im Rahmen des Mentorenprogramms Via:Mento Ocean und Mitglied des Dechema-Boards Niedermolekulare Naturstoffe mit biologischer Aktivität. 2016 war er Vizedekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. Ober ist mehrfacher Preisträger zum Beispiel des Phoenix-Pharmazie-Wissenschaftspreises und des Braunschweiger Bürgerpreises Naturwissenschaften. Außerdem wurde er mehrfach ausgezeichnet mit dem Titel "Dozent des Semesters" im Studien Bereich Biologie an unserer Uni Kiel.

00:03:49: Curriculum Vitae - Unser Gast im Kurzportrait

00:03:54: Hallo Herr Professor Ober! Herzlich Willkommen hier bei uns im CAU-Podcast.

00:03:58: Ja, guten Tag, Herr Mumme.

00:03:59: Herr Ober, Sie sind ja Botaniker und ich möchte Ihnen zu Beginn unseres Gesprächs eine Frage stellen, die hat Ihnen wahrscheinlich noch nie jemand gestellt, ich möchte sie aber trotzdem stellen. Und zwar: Haben sie sowas wie eine Lieblingspflanze?

00:04:11: Ganz einfach geantwortet: Nein.

00:04:14: Ok, das hätte ich jetzt nicht gedacht, aber ich stelle eine Nachrage: Warum nicht? Und haben Sie möglicherweise denn eine Lieblingspflanzengruppe, wo Sie sagen, die finde ich gut.?

00:04:24: Es ist tatsächlich so: Wir beschäftigen uns mit vielen verschiedenen Pflanzen, sowohl bei der Arbeit im Rahmen des Botanischen Gartens als auch in unserer Forschung. Wir erforschen die Vielfalt im Pflanzenreich. Und wenn man sich dann mit einer bestimmten Pflanze oder auch Pflanzengruppe detaillierter beschäftigt, dann entwickelt sie auch ihre Faszination, man entwickelt seine Begeisterung für bestimmte Eigenschaften, die diese Pflanze auch von anderen dann wieder unterscheidet, sodass es eigentlich nicht gerechtfertigt ist, bestimmte Pflanzen über die anderen herauszustellen. Also kann sein, dass ich ihnen sage: Ich hab heute die und die Lieblingspflanze und in 3 Wochen, wenn ich mich mit der nächsten Pflanzengruppe beschäftigt habe, das ist schon wieder eine andere.

00:05:02: Okay, das klingt nach einer sehr diversen Pflanzenliebe, aber irgendwie bringt das ja der Beruf auch mit sich, denn wenn sie jetzt keine Faszination für die Pflanzen, die ich jetzt auch sehr stark da raus gehört habe aus ihrer Antwort, wenn Sie diese Faszination nicht hätten, dann wärden sie wahrscheinlich auch in einem anderen Bereich letztendlich gelandet. Aber, was mich jetzt interessieren würde ist: Wo kommt ihre Begeisterung für die Pflanzenwelt eigentlich her?

00:05:24: Ich glaube, die Begeisterung für die Pflanzenwelt habe ich schon als kleiner Junge mitbekommen, über meine Familie. Meine Mutter war Apothekerin, mein Großvater war Naturschützer im Bereich Braunschweig, das ist mir irgendwo wohl in die Wiege gelegt worden und das hat sich dann auch weiter so entwickelt. Bei der Wahl meines Studiums hat das sicherlich eine Rolle gespielt, wobei die Wahl zugegebenermaßen nicht ganz geradlinig war, denn ich wollte nie Biologe werden. Ich wollte eigentlich was interessantes mit Naturwissenschaften machen und habe mich dann für die Biologie erstmal entschieden nach dem Motto: "Ich kann ja wechseln, wenn ich was besseres weiß." Weil in der Biologie eigentlich alle Naturwissenschaften vereinigt sind. Die Biologie, die Chemie, die Physik, alles spielt in der Biologie eine Rolle. Und so habe ich mich dann erstmal für Biologie entschieden. Aber wie man sieht, hab ich die Wahl nie bereut ich habe nie gewechselt und bin dann Biologe geworden.

00:06:13: Das heißt, es war offensichtlich eine ganz gute Entscheidung, denn an der TU Braunschweig haben Sie studiert, ne?

00:06:18: Ja, ich habe eine TU Braunschweig studiert. Zunächst erstmal aufgrund der Nähe zu meinem damaligen Wohnort in Hildesheim, bin aber auch in Braunschweig geboren. Dadurch gab es da auch einige Wurzeln, die diese Wahl des Studienortes sicherlich mit beeinflusst haben. Sie haben dann, nachdem sie fertig waren mit dem Studium wurden sie dann auch an der TU Braunschweig promoviert und haben sich dann im Anschluss auch dort habilitiert. Das heißt, sie sind dann den Weg eingeschlagen, in die Wissenschaft zu gehen.

00:06:46: Wie ist denn der Entschluss bei ihnen gereift, also zu sagen, ich gehe jetzt den wissenschaftlichen Weg und suche meintwegen also mein Glück nicht zum Beispiel bei einem Farmerkonzern?

00:06:56: Ja, das ist sehr beeinflusst worden von ganz bestimmten Personen. Als ich studiert habe, hatte ich, ich habe studiert mit Hauptfach Biochemie, Botanik war in meinem Studium nur das Nebenfach, hatte aber ein Botanikprofessor, der einen sehr begeistern konnte. Und der hatte mir am Ende des Studiums von einer Arbeitsgruppe berichtet, wo Wechselwirkung zwischen Organismen, also das, was man unter Ökologie versteht, auf molekularer Ebene untersucht wird. Das bedeutet: Man versucht, die Moleküle zu benennen, die für Wechselwirkung verantwortlich sind. Zum Beispiel Duftstoff, Moleküle, Farbstoffmoleküle oder Gifte. Und das war ein Institut, zwei Häuser weiter, was allerdings nicht mehr zu Biologie gehörte, sondern zu Pharmazie. Und dann bin ich dorthin gegangen zu einem Herrn Professor Hartmann in Braunschweig, und der war gleich ganz offen, war ganz angetan, dass ein Biologe kommt und da haben wir uns gleich über das Thema der Diplomarbeit unterhalten. Während des Gesprächs fing er an über das Thema der Promotion zu sprechen, dabei war ich noch gar nicht, hatte ich mein Studium noch gar nicht fertig. Wir haben uns also gut verstanden und dann, tatsächlich, habe ich meine weitere Laufbahn im Pharmazeutischen Institut absolviert. Bis zu meiner Promotion bei diesem Professor, der mir dann auch angeboten hat, mich auch weiter wissenschaftlich zu betreuen. Und so habe ich mich dann entschieden, obwohl es ungewöhnlich ist, nach einer Promotion nicht den Studienort zu wechseln, bin ich bei ihm geblieben und habe dann dort auch noch habilitiert.

00:08:13: Und dann sind Sie irgendwann nach ihrer Habilitation, oder relativ zeitnah auch glaube ich, nach ihrer Habilitation dann nach Kiel gewechselt und sind seitdem hier bei uns in der Uni Kiel Professor für Botanik, richtig?

00:08:25: Richtig, ich habe habilitiert 2004 in Braunschweig. Erinnere mich noch, wie ich 2005 die Stellenausschreibung für diese Stelle hier am Institut für Botanik in Kiel gesehen habe. Und hatte in der Stellenausschreibung ein bisschen Bedenken, weil, wie gesagt, ich hatte Botanik als Nebenfach studiert, hatte nun allerdings auch in Botanik habilitiert. Insofern war dieses, dieser Markel geheilt, sag ich mal. Aber eine Universität am Meer, gleichzeitig noch mit einem Botanischen Garten, und das war in dieser Stellenausschreibung angekündigt, fand ich sehr sehr faszinierend als Idee. So dass ich gedacht habe, bewerben muss ich mich, wenn es klappt, habe ich Glück gehabt, wenn es nicht klappt, habe ich es wenigstens versucht. Es hat dann tatsächlich geklappt, sodass ich dann seit Mai 2006 hier an der Universität Professor bin und auch Direktor des Botanischen Gartens.

00:09:10: Hatten Sie denn im Vorfeld schon irgendwie eine Verbindung zu Kiel, also zur Stadt Kiel, aber auch zur Universität?

00:09:15: Zur Universität gar nicht, die Verbindung war ganz anderer Art. Ich war als Wehrpflichtiger bei der Marine und war ein Jahr auf dem Schulschiff Deutschland stationiert, was in Kiel sein Heimathafen.

00:09:26: Ah, okay. Also zurück zum zum Glück im Prinzip oder? Na ja, jetzt von der Wehrpflicht von Glück zu sprechen ....

00:09:32: Ja, es war eine gute Zeit, weil ich eine Weltreise gemacht habe mit dem Schulschiff. Das war ein großes Privileg, was ich da genossen habe, dass ich zugeben muss, von dem Jahr Kiel war ich die meiste Zeit auf den Weltmeeren unterwegs und gar nicht in Kiel.

00:09:43: Ok! Für für Sie als Pflanzenfreund oder jemand, der sich jetzt mit der Pflanzenwelt wissenschaftlich auseinandersetzt, sieht man Unterschiede in der Pflanzenwelt jetzt in in der Großregion Braunschweig, Hannover und hier in Kiel am Meer?

00:09:57: Ja, man sieht Unterschiede. Das ergibt sich eben unter anderem auch durch die Lage am Meer, aber auch durch die Nutzung der Landschaft. Nun sind beide Regionen sowohl Schleswig-Holstein als auch der Bereich um Braunschweig, der ja in der Börde-Landschaft liegt, sehr intensiv landwirtschaftlich genutzt, was eben in beiden Bereichen und beiden Regionen den Nachteil hat, dass natürliche Lebensräume sehr, sehr stark zurückgedrängt sind. In Braunschweig ist dann die Nähe des Harzes da natürlich immer noch ein Privileg, wobei der Harz eben an manchen Stellen auch eigentlich eine Kulturwüste ist. Mit Monokulturen der Wälder. In anderen Teilen aber gibt es ja ganz, ganz beeindruckende Vielfalt, aber das haben wir hier ja dann letztlich auch, wenn wir in ganz bestimmte Regionen Schleswig-Holsteins kommen, die Küstenregionen genauso wie Binnendünenlandschaften, Salzwiesen und Ähnliches, wo dann dort in Häkchen die Welt auch noch in Ordnung ist, was die Vielfalt angeht.

00:10:47: Hat sich das denn, oder hatte das einen Einfluss auf ihre Forschung, jetzt, dass sie jetzt zum Beispiel, also ich frag jetzt einfach mal ganz, ganz doof, dass Sie jetzt gesagt haben, gut ich, ich nehme jetzt hier auch Pflanzen genauer unter die Lupe, die halt jetzt eben hier in in Kiel und im Kieler Umland am Meer halt eben wachsen, oder hat das keine Rolle gespielt?

00:11:07: Es hat eigentlich bei der Wahl des Forschungsgebiets keine Rolle gespielt, da ist dann doch oft die Forschungsfrage gravierender als das, was ich jetzt direkt vor der Tür finde das lässt sich meistens überbrücken, wenn man Forschungspflanzen braucht, dass man die auch irgendwie drankommt. Was aber für mich eine Beruhigung war, wie er interessieren uns nicht nur für die Pflanzen, sondern auch für Insekten, die mit diesen Pflanzen interagieren. Und da gibt es doch diese. Es gibt das Jakobskreuzkraut. Was sind Schleswig Holstein? Aufgrund der hat seine Giftigkeit auch Recht bekannt ist, weil es immer wieder Probleme macht und auf dieser Pflanze gibt es eine ein Insekt, das deine Raupe hat, also Nachtfalter eine Motte, die da ihre Eier ablegt, und entwickeln sich dann die Raupen. Das sind gelb, schwarz, geringelte Raupen. Das ist Thüringer Jacobe und das war in Braunschweig ein riesen Problem, wenn man an so ein Insekt mal ran wollte, dann musste man erst nach Holland fahren, weil es das in Braunschweig nicht gab. Und als ich in Kiel ankam, habe ich wenige Tage nach meiner Ankunft entdeckt. Das ist die sogar am Falkensteiner Strand gibt und da dachte ich so falsch kann ich. Hier nicht sein. hh88

00:12:05: OK sind jetzt auch schon ein paar Jährchen. Jetzt hier an der Universität tätig. Das heißt, die scheint wirklich nicht so schlecht gewesen zu sein.

00:12:13: Ja, ich fühle mich, ich fühle mich wohl in Kiel, also nicht nur von der von dem Umfeld in Kiel, sondern auch von der Möglichkeit, die Möglichkeiten, die die Universität bietet, in Form von Kooperation, die Kollegen, die Arbeit mit den Studenten. Ich habe also nie bedauert, nach Kiel gewechselt haben.

00:12:30: Gehen wir mal ein bißchen bißchen mehr in ihre konkrete Forschung rein Sie beschäftigen sich mit den sogenannten Alkaloiden. Können sie einmal unseren Hörerinnen und Hörern erklären, was ein Alkaloid ist?

00:12:44: Ja, Alkaloide gehören zu den Naturstoffen, die von Pflanzen produziert werden. Das sind Substanzen, die oft ökologische Bedeutung haben, weil sie in der Wechselwirkung der Pflanzen mit ihrer Umwelt eine Rolle spielen. Zu solchen Naturstoffen gehören Farbstoffe, Duftstoffe, aber zum Beispiel auch bitterschmeckende Substanzen oder auch Gifte. Und gerade die Gruppe der Alkaloide, das ist also ein Teil dieser NaturStoffe, die sich durch bestimmte chemische Eigenschaften auszeichnen, die haben oft einen sehr großes Potenzial, giftig zu sein, es können also sehr drastische Gifte sein. Bekannte Alkaloide sind zum Beispiel das Nikotin aus dem Tabak, das Koffein aus dem Kaffee, was in richtiger Menge sehr anregend wirken kann. Aber man weiß selber, wenn man zu viel Kaffee trinkt, dann kriegt man Zittern und man fühlt sich gar nicht mehr so wohl. Das ist also auch immer die Frage der Menge, ob Ding ein Gift ist oder ein für uns sinnvoller Wirkstoff. Wir untersuchen diese Inhaltsstoffe jetzt nicht vor dem pharmazeutischen Hintergrund, sondern vor dem Hintergrund, weshalb Pflanzen diese Gifte überhaupt produzieren.

00:13:47: Und wie gehen Sie da genau vor?

00:13:49: Wir haben als Untersuchungsobjekt eine ganz bestimmte Klasse von diesen Alkaloiden uns ausgesucht. Das sind sogenannte Pyrrolizidin-Alkaloide und das sind zum Beispiel die Gifte, die das Jakobskreuzkraut, was ja auch in Schleswig-Holstein vorkommt, giftig machen. Die Substanzen sind einfach nur giftig, aber sie sind eben auch Teil ganz faszinierender Wechselwirkungen mit zum Beispiel Insekten, die zum Teil in der Lage sind, wenn sie sich daran angepasst haben, diese Alkaloide im eigenen Körper durch die Nahrung aufzunehmen, mit dem Fraß auf den Pflanzen in eigenen Körper zu speichern und sich auf diese Art und Weise wieder gegen weitere Fraßfeinde, nämlich die Fraßfeinde der Insekten, zu schützen. Und diese faszinierenden Wechselwirkung mit gerade dieser Klasse an Alkaloiden hat uns eben dazu bewogen, diese Gruppe etwas genauer zu untersuchen.

00:14:40: Das heißt, die Tiere, in diesem Fall die Insekten, sind wirklich in der Lage, quasi das zweit zu verwerten für sich selber? Das heißt, sie reagieren selber nicht auf ein potenzielles Gift, sondern verarbeiten das dann ganz normal bei bei sich und,ich weiß nicht, wie kann ich mir das vorstellen, wenn ich jetzt ein Schmetterling zum Beispiel bin, dann wird meine Haut zum Beispiel, die sondert dann ein Gift ab oder was passiert da mit den Tieren?

00:15:07: Also dieses Gift normalerweise, wenn es wirklich praktisch bei einem nicht angepassten Insekt oder eben auch beim Menschen oder anderen Tieren, die letztlich auch Pflanzen fressen, die diese Alkaline produzieren, die sind als solches erst mal gar nicht giftig. Aber durch ihre Struktur sorgt der normalerweise der Entgiftung dienende Mechanismus unserer Leber dafür, dass diese Moleküle giftig werden. Man hat also ein bisschen den Eindruck, die Natur hat dem Entgiftungsmechanismus der Tiere ein Bein gestellt, indem sie die Struktur dieser Naturstoffe so verändert hat, dass der für die Entgiftung vorgesehene Mechanismus in der Leber zu einer Giftung, also Giftigmachen, diese Alkaline überhaupt erst führt. Und diese Reaktionen können die angepassten Insekten unterbinden und stattdessen die Alkaline in unveränderter Form in ihrem Körper speichern. Und auf diese Art und Weise sich praktisch mit den gleichen, an sich ja erstmal ungiftigen Stoffen, präsentieren. Frisst wieder aber ein Vogel zum Beispiel auf diesem Insekt würde genau wieder die gleiche Reaktion passieren, es gelangt in die Leber, wird giftig und kann dann seine Giftwirkung entfalten.

00:16:16: Aber woher weiß denn jetzt der Vogel, dass das Insekt giftig ist wenn er es nicht sieht?

00:16:22: Das weiß der Vogel zunächst sicher erstmal nicht. Allerdings sind Vögel und auch viele andere Tiere ausgesprochen lernfähig und zum Beispiel diese Raupe, die vorhin schon mal angesprochen habe, die ich am Falkensteiner Strand getroffen hab, die also auf dem Jakobskreuzkraut frisst ist gelb, schwarz, geringelt. Das ist ja nicht gerade eine Tarnfärbung. Und das können Vögel sich sehr, sehr gut merken. Ein ähnliches Beispiel sind die Marienkäfer. Da sind jetzt nicht unbedingt Alkaloide drin, da sind sogenannte Herzglykoside drin, also Gifte, wie wir sie auch aus dem Fingerhut kennen, der mit seiner roten Farbe hat ja auch eine Alarm farbe. Und das können sich Vögel sehr gut merken Probierens einmal aber dann auch nicht ein zweites Mal.

00:17:00: Das heißt zum Verständnis: Also wenn wir jetzt avon Gift reden, das ist jetzt nicht immer zwingend ein tödliches Gift, sondern einGift, was ich einfach nicht gut vertrage, als Vogel zum Beispiel, so dass ich dann den Lernprozess habe zu sagen, ja, das war jetzt nicht so gut, deswegen beim nächsten Mal esse ich das nicht, oder?

00:17:18: Tatsächlich ist es so, dass die meisten Gifte nicht derart giftig sind, das praktisch schon einmal Probieren für den Vogel tödlich ist, sondern erstens schmecken diese Naturstoffe oder gar die Alkaloide meistens wohl ausgesprochen bitter, sind dadurch also schon einmal abschreckend. Und dann ist es wieder die Frage der Dosis. Wenn natürlich permanent weiter gefressen wird und Vogel ein Insekt nach einem anderen wegfuttert, dann könnte es gefährlich werden. Wenn es jedoch hier lediglich ein Probieren ist, und Vögel können es auch wieder ausspucken, was sie probieren, dann ist es sicherlich noch nicht in dem Bereich, wo es für den Vogel dauerhaft schadet, sondern eher der Population an Insekten nützt, dass sie auf diese Art und Weise dem Vogel beigebracht haben, den Schnabel von ihnen zu lassen.

00:18:00: Wissen wir denn genau wie diese Umwandlung, des Gift oder die ich sag mal, die Nichtaktivierung des Giftes, wie das im im im Organismus funktioniert?

00:18:10: In dem Fall weiß man das und es ist ein beeindruckend einfacher Mechanismus, mit dem die Insekten eigentlich gleich mehrere Ziele erreichen. Diese Alkaloide kommen in zwei Formen vor. Um es ganz einfach zu erklären: Eine Form ist eher fettlöslich und die andere Form ist wasserlöslich. Und das ist nur ein Sauerstoffatom, was an ein chemisches Molekül dran ekoppelt wird, dann wird es wasserlöslich, fehlt es,ist es fettlöslich. In Pflanzen kommt es wasserlöslich vor. Das macht auch Sinn, weil die ganze Pflanze ja wasserbasiert ist, es muss ja auch irgendwo gespeichert werden. Wird es dann jedoch von einem Tier aufgenommen, wird der Sauerstoff einfach durch das Milieu im Darmtrakt entfernt. Dadurch werden sie fettlöslich, können gut über eine Membran, also zum Beispiel über die Darmschleimhaut aufgenommen werden, und gelangen dann in die Leber und entfalten ihre fatale Wirkung. Diesen Insekten, den angepassten Insekten, ist es nun gelungen, nachdem, bei den passiert im Darm erstmal ganz genau das Gleiche wie bei nicht angepassten Insekten, es wird also der Sauerstoff abgespalten, sie werden fettlöslich, werden resorbiert, also in den Körper aufgenommen, dann haben sie aber ein Enzym, also ein biochemisches Enzym, was ganz gezielt den Sauerstoff wieder dran baut. Dadurch werden sie wieder polar, können, nicht über Membran wandern, sind damit dem Insektenkörper gespeichert, sind in der ungiftigen Form, weil mit dem Sauerstoff dran, werden sie nicht in der Leber aktiviert, und können auf diese Art und Weise das Gift in einer sicheren Form in großen Mengen speichern, um es dann als Abwehr praktisch zu nutzen, denn wie gesagt, wenn ein anderer Fraßfeind jetzt wieder auf diese Insekten frisst, würde der Sauerstoff wieder abgespalten und diese Alkaloide würden wieder ihre Giftwirkung entfalten.

00:19:53: Sie sagten jetzt es gibt angepasste Insekten und es gibt nicht angepassten Insekten. Wie passt sich so ein Insekt denn an? Passiert das per Zufall oder haben Sie die Erkenntnisse darüber, was diese Anpassung auslöst?

00:20:09: Also Zufall letztlich ja, weil jeder Veränderung in einem Organismus liegen ja Mutationen zugrunde und Mutationen, also zufällige Veränderungen im Erbgut, sind eben nicht zielgerichtet. Allerdings wenn durch solche Veränderungen auf einmal eine biochemische Eigenschaft zum Beispiel ein Enzym entsteht, was einem solchen Insekt eine Fähigkeit erlaubt, die ihm nachher einen Nutzen bringt, zum Beispiel das Überleben noch besser sichert oder ähnliches, dann gelangt das unter Selektion, wie wir sagen, also hat es in der Evolution für diesen Organismus ein Vorteil, einen Fitnessvorteil, so dass dann Mechanismen zum Tragen kommen, dass die Organismen, die diese Fähigkeit entwickelt haben, sich immer mehr durchsetzen, im Vergleich zu den Organismen, die diese Erfindung nicht geschafft haben. Und auf diese Art und Weise können immer neue Eigenschaften entstehen. So funktioniert Evolution, so ist unsere ganze natürliche Vielfalt auf der Welt entstanden. Und so ist es ja letztlich auch mit Resistenzen, wenn zum Beispiel Mikroorganismen, also Bakterien, resistent werden gegen Antibiotika. Dann liegt das auch daran, dass sie ja zufällige Veränderungen im Erbgut haben und wenn diese Veränderungen auf einmal bewirken, dass ein Bakterium in Gegenwart eines Antibiotikums dennoch überleben kann, dann wird sich dieses Merkmal ganz, ganz schnell durchsetzen und die Resistenzentwicklung schreitet voran. Und so müssen wir uns auch diese Anpassung an dieses Pflanzengift vorstellen. Es ist ja ein ganz ähnliches Szenario nur nicht mit einem Antibiotikum und ein Bakterium, sondern ein Pflanzengift und einem Insekt. Man kann eigentlich sagen, diese Abwehr, die wir haben, Antibiotika sind Abwehrsubstanzen zum Beispiel von Pilzen, diese Naturstoffe sind von Pflanzen, eine Abwehr ist nie absolut, es ist immer eine Frage der Zeit, bis irgendwann ein Organismus eine Strategie erfunden hat, um mit diesem Gift und klar zu kommen. Es ist ein bisschen wie ein Wettrüsten in der Natur.

00:22:01: Eine Frage zu diesem Enzym: Also ich weiß, dass sie das das ja mal herausgefunden haben, dass dieses Enzym auch bei bei bei Insekten aufgetreten ist und dann auf dieser Effekt, der ich sag mal ja Immunisierung, kann man das so sagen? Immunisierung vor dem Gift?

00:22:19: Immunisierung hat eher was mit Antikörpern zu tun. Ich würde sagen wahrscheinlich eher mit Resistenz.

00:22:24: Mit Resitenz, ok, also dass diese Resistenz entstanden ist, und zwar war das einmal der Kaminbär, der kein Bär ist, sondern ein Insekt, wie ich nachgelesen habe, da ist das aufgetaucht und dann bei einer Schnecke, äh, entschuldigung, bei einer Schrecke, einer Harlekinschrecke, die auf einem ganz auf einem ganz anderen Kontinent llebt. Ist das gleiche Enzym oder oder wie kann ich mir?

00:22:49: Wir haben tatsächlich beobachtet gehabt oder aus der Literatur gewusst, dass sowohl dieser dieser Nachtfalter, das ist eben dieser Jacobsbär oder Kaminbär, wie sie ihm gerade genannt haben, das ist der, den ich auch im Falkensteiner Strand gefunden habe und eben auch Heuschrecken diese Anpassung haben. Und wir haben uns gesagt, Mensch, diese Insektengruppen sind so wenig miteinander, so weit entfernt in der Verwandtschaft, wie kann man sich das erklären? Und wir haben uns bei beiden Insektengruppen diesen Mechanismus angeschaut, und es ist beeindruckend, dass beide Insektengruppen genau den gleichen Mechanismus erfunden haben, um mit dieser Klasse von Pflanzengiften umzugehen. Also man nennt das dann konvergente Evolution, das heißt, da ist etwas fast gleiches völlig unabhängig entstanden.

00:23:32: Könnten Sie sich denn vorstellen, dass in einer mittelfristigen Zukunft vielleicht also, ich möchte jetzt nicht verleiten, in die Glaskugel zu schauen, aber trotzdem, das möglicherweise irgendwann jetzt auch ihre Erkenntnisse dem Menschen irgendwann konkret helfen könnten?

00:23:46: Sagen wir mal ganz pauschal, ich würde es grundsätzlich nie ausschließen, Wir machen mit unserer Forschung ausgesprochene Grundlagenforschung. Das heißt, wir beschreiben grundsätzliche Mechanismen, ohne jetzt immer gleich eine Frage dahinter zu haben, wie es der Mensch verwerten kann. Trotzdem werden wir ab und zu auch von Anwendern kontaktiert, die eben auf einmal Anknüpfungspunkte sehen und sagen, Mensch, das was ihr da könnt, das wäre für unsere Produkte sehr, sehr interessant. Und deswegen würde ich sowas nie ausschließen, dass so etwas auch in der Anwendung schlagartig mal interessant werden kann. Zum Beispiel um eben Gifte, zum Beispiel außerhalb des Körpers bei einer Vorbereitung von Arzneimitteln oder Ähnliches zu entgiften oder ähnliches. Aber an ganz konkrete Anwendung habe ich da jetzt nicht vor Augen.

00:24:29: Sie sagten jetzt gerade interessanterweise kommen immer mal wieder Leute auf sie zu. Wie häufig passiert denn sowas?

00:24:36: Also ich will nicht gerade behaupten, dass es sehr oft passiert, weil wir noch, sag ich mal, irgendwo schon ein sehr spezielles Thema haben. Aber wir haben in den letzten Jahren eine Kooperation mit einem Schweizer Unternehmen gehabt, was Arzneimittel herstellt. Dort war die Situation aber so, dass eine Arzneipflanze, die sehr wertvolle Inhaltsstoffe hat, die zum Beispiel bei Heuschnupfen zum Einsatz kommen, nur sehr beschränkt eingesetzt werden kann, weil sie eben auch diese Gifte enthält, mit denen wir uns beschäftigen. Und da war nun die Idee, ob wir eben mit unserem Wissen, was wir darüber eben parat haben, wie die Pflanze diese Gifte macht, helfen können praktisch ne Arzneipflanze zu züchten mit klassischen Methoden, die diese Gifte nicht mehr machen kann. Und in diesem Fall die sind einfach nur giftig unsere Gifte aber wenn man so loswerden will, dann kommt auf einmal zum Beispiel auch bei uns eine Anwendung mit dem Spiel.

00:25:29: Uch, ich hab ich hab von einem anderen Forschungsprojekt von Ihnen gelesen, da ging es um Pflanzen und das Zusammenspiel der Pflanzen mit Bakterien. Und zwar hatten sie eine Pflanze, die eigentlich ein Gift produziert hätte und haben dann festgestellt, bei ihnen im Botanischen Garten war das Gift gar nicht vorhanden. und dann haben sie geschaut und haben festgestellt, dass es einen bestimmten Bakterienstamm gibt oder bestimmte Bakterien gibt bei dieser Pflanze, die dieses Gift eben produzieren oder wodurch dann letztendlich die Pflanze das Gift produziert. Das hört sich sehr nach Zufall an und sie haben jetzt eben gerade gesagt, sie machen sehr viel Grundlagenforschung. Inwieweit oder zu wieviel Prozent basiert ihre Forschung tatsächlich auf Zufall?

00:26:11: Also der Zufall gehört einfach mit dazu. Und man muss auch ganz klar sagen, das ist immer so eine schöne Floskel, die ich immer meinen Mitarbeitern sage, wenn sie völlig frustriert hier stehen und sagen das Ergebnis ist nicht das, was ich erwartet habe: Die Ergebnisse, die man nicht erwartet, sind die spannendsten, denn die haben das Potenzial, dass man wirklich was Neues entdeckt. Und so ähnlich war es bei dieser Pflanze auch. Das geht auf die Braunschweiger Zeit zurück. Wir hatten uns eine Pflanze, das ist eine subtropische Art, kommen lassen, Saatgut, und hatten die ausgesäht, sie war in der Literatur bekannt als Paradepflanze für unsere Alkaloide und wir haben die analysiert und die Alkaloide waren nicht da. Naja, man zweifelt erstmal an den Versuchen, die man gemacht hat. Die wiederholt man aber, wenn dann partout sich nichts ändert, dann zweifelt man schon da dran und dann es ist eine Art, die zu der Familie der Schmetterlingsblütler gehören, also da gehört zum Beispiel auch die Erbse oder die Bohne mit hinein, und das sind Arten oder eine Familie, bei der die Pflanzen Knöllchen machen. Und zwar in Form einer Symbiose. Das heißt, die Wurzeln gehen eine Partnerschaft mit bodenbürtigen Bakterien ein und haben dadurch die Fähigkeit Stickstoff aus der Luft zu fixieren, das können die Bakterien, Pflanzen können das nicht, und diese Bakterien wandeln diesen Stickstoff in eine Form um, wie ihnen auch dann die Pflanze nutzen kann. Das hat einen Riesenvorteil, denn Stickstoff ist in vielen Lebensräumen eine Mangelkomponente. Und auf diese Art und Weise, mit Hilfe dieser Bakterien, also aufgrund der Symbiose, können diese Pflanzen also an Stickstoffarmen Standorten wachsen, weil Luftstickstoff immer vorhanden ist. Und eine solche Pflanze hatten wir uns angeschaut und irgendwann habe ich gedacht Mensch, die macht keinen Alkaloide, ich glaub, ich hab sie umgepflanzt und da hab ich gesehen, die hat ja gar keine Knöllchen, was sie aber eigentlich als ein Vertreter dieser Familie hätte haben müssen. Und da entstand der Verdacht, dass das was mit diesen Bakterien zu tun haben könnte und irgendwann haben wir dann ganz gezielt mal verglichen: Eine Pflanze mit und ohne Bakterien, die daneben einmal die Symbiose eingegangen sind, mit den Bakterien, einmal konnten sie es nicht und haben dann festgestellt: Nur wenn sie diese Symbiose machen mit diesen Bakterien, dann produzieren sie auch unsere Gifte. Da war sicherlich eine Menge Zufall im Spiel.

00:28:15: Zufall Ein bisschen Glück, Sie haben ja etwas erfahren an dieser Stelle.

00:28:17: Das sicher auch ja.

00:28:18: Ich habe auch gesehen, dass sie häufig nicht alleine jetzt mit der Uni Kiel oder für die Uni Kiel publiziert haben, sondern auch mit Forscher- und Forscherinnengruppen anderer Universitäten, teilweise auch mit internationalen Forschunsgruppen. Wie international ist ihre Forschung?

00:28:41: Also die Forschung ist schon ausgesprochen international, weil natürlich diese Alkaloide gibt es auf allen Kontinenten. Es gibt schon auch ein großes Interesse, letztlich auch in allen Bereichen der Welt, diese Alkaloide praktischen besser zu verstehen, um etwa auch vielleicht das Risiko für den Menschen zu reduzieren, durch versehentliches Konsumieren von Pflanzen, die diese Alkaloide enthalten, entweder der Pflanzen direkt oder einfach dass zum Beispiel Pflanzenernten durch solche Pflanzen verunreinigt sein können., das reicht oft schon, so, dass also wirklich ein breites Interesse da ist. Und dadurch gibt es natürlich auch verschiedenste Arbeitsgruppen, die an diesen Alkaloiden arbeiten. Und da kann man sich wunderbar ergänzen, denn man kann niemals ein Fachgebiet komplett abdecken. Das heißt, wir suchen uns dann für bestimmte Fragestellungen auch Kooperationspartner, wo wir die Expertise nicht haben, wo andere dann viel erfahrener sind, um bestimmte Fragen zu beantworten und bringen dann unser Wissen zusammen. Aber das ist in der Wissenschaft eigentlich durchaus üblich, auf diese Art und Weise vorzugehen, denn es ist ja schon so ein hochspezialisierter Bereich in vielen Fällen, dass man gar nicht alles in der entsprechenden fachlichen Tiefe beherrschen kann und da ist die Kooperation wirklich das Sinnvollste, was man da machen kann.

00:29:52: Sie sind ja auch Mitglied hier im Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science. Wie ist denn die Zusammenarbeit, oder jetzt in dem Falle die interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Uni Kiel konkret.

00:30:03: Hier an der Uni Kiel, dieser Kiel Life Science ist wirklich ein Verbund, der das Ziel hat, die Zusammenarbeit zwischen den Gruppen weiter zu fördern, dass man überhaupt erstmal ins Gespräch kommt und Gemeinsamkeiten und auch gemeinsame Möglichkeiten erkennt. Es ist also da jetzt noch nicht die Forschungsfrage gewesen, die uns dann zusammen gebracht hat, sondern einfach das Bemühen, Gemeinsamkeiten zu entdecken. Denn man muss natürlich sehen, die Universität Kiel ist eine Volluniversität, das heißt, sie muss auch eine sehr große Breite abdecken an wissenschaftlicher Expertise, so dass es nicht immer selbstverständlich ist, das eine Arbeitsgruppe mit einer anderen auch inhaltliche Berührungspunkte hat. Aber wenn man sich dann ein bisschen aufeinander einlässt, sich ein bisschen besser als mehr erzählt, was man eigentlich so macht, findet man sehr wohl solche Anknüpfungspunkte und das ist das Ziel auch von Kiel Life Science, dies zu fördern, um dann eben auch gemeinsame Forschungsprojekte und auch Forschungsinitiativen, also auch wirklich gemeinsame Anträge für Forschungsgelder, um bestimmte Forschungsfragen zu bearbeiten, dann auf den Weg zu bringen.

00:31:08: Und gibt es da schon konkrete Projekte, die sie jetzt also an denen sie jetzt auch beteiligt sind oder vielleicht auch ihre Kollegin, Frau Kaltenegger aus ihrer Arbeitsgruppe?

00:31:15: Also wir haben derzeit einen ganz konkreten Antrag, der jetzt unmittelbar bevorsteht, dass er eingereicht werden soll, wo es letztlich um die Wechselwirkung der Pflanzen mit den verschiedenen Umgebungsparametern geht. Also Stress, den die Pflanzen auch haben, zum Beispiel durch abiotischen Stress, also unbelebten Stress. Das kann UV-Strahlung, Überschwemmungen, salziger Boden oder Trockenheit sein. Aber auch biotischer Stress, wenn zum Beispiel Pflanzen von Mikroorganismen, Pilzen oder Bakterien befallen werden oder eben den Stress, den wir ja schon genannt haben, dass also Insekten als Fraßfeinde über die Pflanzen herfallen. Wie gehen Pflanzen mit diesen verschiedenen Stressoren um? Wird das letztlich, haben die verschiedenen Stressimpulse eine Auswirkung aufeinander und wie die sich da beeinflussen, das soll das Forschungsthema dieses gemeinsamen Forschungsantrags dann werden.

00:32:08: Ich hab noch mal eine Frage zur Grundlagenforschung. Also Grundlagenforschung ist ja komplett wichtig, ohne Grundlagenforschung gibt es keine spezialisierte Forschung. Haben sie trotzdem mal darüber nachgedacht, in einer anwendungsbezogene Forschung zu gehen?

00:32:23: Nein, habe ich eigentlich nie darüber nachgedacht, weil letztlich ist es die wissenschaftliche Neugier, die einen treibt. Und das ist glaub ich auch eine gute Triebkraft in vielen, vielen Forschungsbereichen der Welt, weil wenn ich immer im Hinterkopf habe wie kann ich es anwenden, würde ich viele Versuche gar nicht wagen. Und es ist tatsächlich die Grundlagenforschung, die eben überhaupt Ideen für völlig neue Ansätze letztlich hervorbringt. Ein Beispiel ist dieses diese Methode, mit der man genomische, also genetische Sequenzen verändern kann, man nennt die Genome Editing, da gab es dieses Jahr den Nobelpreis für, das ist die sogenannte CRISPR/Cas-Technik. Das ist aus Grundlagenforschung entstanden und ist ein für die Anwendung jetzt ein hochwertvolles, eine also nicht zu unterschätzende Methode. Die hätte sich nie ergeben, hätte man immer nur von Anfang an auf Anwendung geachtet. Man muss auch mal den Mut haben, letztlich einfach einfach sagen, Forschung laufen zu lassen. Denn sie liefert kontinuierlich neue Ansätze. Womöglich auch manchmal der, der sie entdeckt, kann sie noch gar nicht erkennen und jemand anders, der das nachher sieht, der hat auf einmal mit nem Verknüpfung und sagt Mensch, wenn wir das zusammenbringen, da wird doch was ganz Spannendes drauß. Da muss man also wirklich der Grundlagenforschung sinnvollerweise nur diese Freiheit lassen, dann glaube ich, ist sie eine üppige Quelle für neue Ansätze, die später dann in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft nachher zur Anwendung kommen können.

00:33:46: Sie merken vielleicht erzählte vorhin auch mal eine gezielte Nachfrage nach diesem Enzym her, bzw. drauf ab. Denn das ist hoch spannend, aber auf der einen Seite haben wir jetzt gerade über über Insekten und Pflanzen gesprochenund sie haben gut erklärt, was dieses Enzym jetzt macht, aber möglicherweise in zehn Jahren oder so kommt halt irgendjemand und sagt, da hat jemand Grundlagenforschung gemacht und jetzt bin ich irgendwie auf die Idee gekommen genau das meinte ich damit, als ich die Frage gestellt habe.

00:34:13: Ja, das ist oft so. Also ich glaube, dass man oft das Potenzial von gewissen Erfindungen noch gar nicht beurteilen kann beziehungsweise die Erfindung hat das Potenzial vielleicht auch noch gar nicht, oder sagen wir mal die Entdeckung, sondern erst in einer Kombination mit einer anderen Erkenntnis oder einer weiteren Erkenntnis wird überhaupt erst die Tragweite dessen klar, was man da entdeckt hat. Sas ist ja der normale Weg, wie die Wissenschaft läuft. Man baut sich immer so seine Modelle, man versucht, Dinge zu erklären, soweit man es mit dem Wissen kann, was man hat. Es sind aber eigentlich immer nur Modelle, die wir haben zum Erklären, die solange gültig sind, bis irgendeine neue Erkenntnis sagt, das Modell kann so nicht mehr richtig sein. Wir müssen uns anpassen. Und so versuchen wir uns ein immer besseres Bild von der Wirklichkeit zu machen. Aber streng genommen ist das Bild von vom Leben zum Beispiel, was ich als Biologe erforsche, immer nur ein Modell, mit dem wir glauben, der Wirklichkeit so nahe wie möglich zu kommen.

00:35:12: Ein besseres Bild der Wirklichkeit. Das finde ich ein sehr schönes, schönes Bild ehrlich gesagt, gefällt mir. Als Professor machen sie ja nicht nur Forschung, sondern sie machen auch Lehre. Und mich interessierte immer, wie die Professorinnen und Professoren bei uns an der Universität die Forschung mit der Lehre verknüpfen. Wie handhaben Sie das?

00:35:32: Also eine ganz zentrale Verknüpfung mit der Forschung ist, dass man ja so ein bisschen ja mit der Forschung sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Man ist damit einer wirklichen Motivation dabei. Man interessiert sich dafür, wenn andere abends im Hobbykeller gehen, widmet man sich eigentlich seiner Wissenschaft. Und diese Begeisterung nachher in die Lehre mit hineinzunehmen und den Studenten zu zeigen, dass man da über was ganz Spannendes berichtet, dass das auch ein Potenzial hat, das ist, glaube ich, etwas, was die Studenten sehr zu würdigen wissen, wenn die Begeisterung auch überspringt oder die Chance hat, überzuspringen. Ddass die Studenten sehen, da ist einer, der, der brennt für das, was er da erzählt, der macht das wirklich mit Leidenschaft. Und da habe ich gemerkt, dass man das in der Vorlesung, und da kann man fast über sprechen, worüber man will, wenn die Begeisterung mit rüber springt, dann hat man die Studenten. Natürlich, je nachdem hängt es dann davon ab, ob man den Grundlagenveranstaltungen ist, wo es erst mal darum geht und zum Beispiel bei uns jetzt eine Pflanze als Organismus zu verstehen. Da werde ich von meiner Forschung nicht allzu viel unterbringen können. Aber natürlich mit fortschreitendem Studiengang, wenn die Studenten dann irgendwann im Master sind, aber auch schon in den höheren Semestern des Bachelorstudiengang ist, da tauchen diese Fragen schon auf. Denn zum Beispiel haben wir einen Nutzpflanzenkurs auch im Bachelor, wo die Naturstoffe schon eine Rolle spielen. Da berichten wir den Studenten auch schon über diese Naturstoffe auch über die Alkaloide, denn Tabak und Kaffee sind ja auch Nutzpflanzen. Und so können wir wunderbar eine Anknüpfung machen, an sehr anschauliche Phänomene und praktisch rüberleiten auf diese speziellen Themen, die nachher dann zum Beispiel bei uns in der Forschung eine Rolle spielen.

00:37:04: Ich meine, Sie haben natürlich auch ein bisschen einfach, jetzt Studierende in Ihre Lehre jetzt mit einzubinden, oder auch in die Forschung mit einzubinden. Immerhin haben wir den Botanischen Garten der Uni Kiel. Welche Rolle spielt der denn bei der Ausbildung von Studierenden?

00:37:18: Also ich glaube, dass er das Potenzial hat, der Botanische Garten, die Studierenden unmittelbar gleich an das Objekt heranzuführen, indem man ja praktisch nur das Biozentrum, den Hörsaal verlassen muss, ein paar Schritte läuft, dann steht man in Kiel mitten im Botanischen Garten. Und er spielt auch nur Rolle für die Veranschaulichung, zum Beispiel, wenn es um Pflanzenbestimmungsübungen geht oder gerade um so Phänomene wie ökologische Wechselwirkungen, wenn Pflanzen und ihre Bestäuber oder Pflanzen und Fruchtbildung, die verschiedenen Pflanzenfamilien kennenlernen. Dafür gibt es im Botanischen Garten extra Bereiche, die diese Phänomene eben sehr anschaulich darstellen und es finden auch einige Kurse, dann direkt auch im Garten oder in unmittelbarer Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten statt. Entweder das wirklich Studenten im Garten sind oder aber dass sie hier bei uns im Labor arbeiten, aber dann auch während der Laborarbeit zwischendurch in den Garten gehen, sich neue Objekte holen oder gucken, ob es da noch andere Objekte gibt, die für ihre Fragen, die sie da gerade im Kurs bearbeiten, dann auch in Frage kommen. Also wir versuchen, oder ich versuche auch ganz konkret den Garten da eng einzubinden, weil er eben auch ein unheimliches Potenzial hat, die Studenten zu begeistern, als wenn man nur am Labortisch steht und eigentlich nur die ja die Welt draußen durchs Fenster erleben kann.

00:38:33: Ist es gibt ja sogar eine eigene Publikation vom Botanischen Garten, die heißt "Auf eigene Faust" und ist so eine Art Gartenführer. Die ist ja auch in Zusammenarbeit mit Studierenden entstanden.

00:38:44: Ja, das ist richtig. Diese schöne Reihe ist mir aus der Idee entstanden, dass wir haben ja hier in Kiel nicht nur die Ausbildung von Biologen als Wissenschaftler, sondern auch für Biologen, die als Lehrer nachher und die Gymnasien gehen. Und die müssen ja immer auch eine Abschlussarbeit schreiben. Und was muss ein Lehrer können? Ein Lehrer muss nachher, wenn er in den Beruf geht, die Fachwissenschaften können, also die Biologie, sollte aber auch wissen, wie man diese Fachwissenschaften anschaulich erklärt. Genau das ist nachher ja die Aufgabe einer Lehrerin, eines Lehrers. Und diese Abschlussarbeiten könnten ja mit denen letztlich die Lehramtskandidaten zeigen, dass sie genau diese Dinge beherrschen, da war dann die Idee, dass das ja ideal wäre für den Botanischen Garten. Allso eigentlich eine Win-Win-Situation. Die Studenten können zeigen, was sie gelernt haben und dabei entsteht etwas, was wir hinterher auch gleich noch verwenden können. Und da war dann die Idee, dass wir Themen vergeben, indem wir Studierende den Auftrag geben, einen bestimmten Themenbereich, das sind die verschiedenen Themen, die Sie da in dieser Heft Reihe sehen, Nutzpflanzen, Arzneipflanzen, bestimmte Pflanzen Afrikas, Farne, die Evolution oder Ähnliches, dann so darzustellen, dass der interessierte Laie, also der Besucher des Botanischen Gartens, damit was anfangen kann. Denn wir im Botanischen Garten, wir haben hier gar nicht genug Mitarbeiter, um alle möglichen Leute, die den Garten besuchen, rumzuführen und alles zu erklären und mit Hilfe dieser Heftreihe ist es eben möglich, den Garten auf eigene Faust, daher auch der Titel dieser Heftreihe, auf eigene Faust zu entdecken. Die Hefte sind also jetzt nicht nur ein Schriftstück, das das Phänomen zum Beispiel Fahrnpflanzen erklärt. Nein, da werden die Fahrnpflanzen anhand eines Rundgangs durch den Botanischen Garten Kiel erklärt man wird also wirklich von Position zu Position durch den Garten gelenkt und auf bestimmte Aspekte, die dann zu diesem Thema gehören, aufmerksam gemacht.

00:40:42: Der Botanische Garten hat noch eine Besonderheit und ich lehne mich mal aus dem Fenster: Ich würde behaupten, wenn ich zehn Leute frage, dann würden bestimmt sieben Leute es nicht wissen: Am Botanischen Garten wird auch ausgebildet. Ich kann einen Ausbildungsberuf im Botanischen Garten lernen. Können Sie dazu was erzählen?

00:41:01: Ja. Das ist richtig der Botanische Garten, wir haben ja viele Mitarbeiter, das sind ausgebildete Gärtner, auch Gärtnermeister oder Meisterinnen und wir bilden tatsächlich aus. Wir sind der größte Ausbilder im Zierpflanzenbau in Schleswig-Holstein, jedes Jahr. Wir haben insgesamt 13 Ausbildungsstellen, mit denen der Garten da also im großen Anteil hat, an die Ausbildung dieser Gärtner der nächsten Generation. Und gerade in Schleswig-Holstein spielen ja auch solche Betriebe, also Gärtnereibetriebe, eine ganz, ganz große Rolle, es ist ein großer Wirtschaftsbereich, wo wir allerdings natürlich Leute auch ausbilden, die eine sehr breite Ausbildung haben. Denn im Botanischen Garten haben wir die verschiedenen Reviere, das sind zum Beispiel die verschiedenen Lebensräume, Europa, Amerika, Asien, aber auch die Gewächshausreviere mit den ganzen tropischen Klimazonen oder auch unser System, mit dem wir die Pflanzen nach ihrer Verwandtschaft anpflanzen. Da bekommen die ja sehr, sehr viel Wissen Sie gehen durch alle Bereiche bei ihrer Ausbildung und sind also ausgesprochen breit nachher ausgebildet. Das muss man ja auch sagen, dass die Gärtner eines Botanischen Gartens ja mit einer Breite an Ausbildung kommen, wie sie die sonst praktisch kaum finden. Also die exotischen Pflanzen können diese Gärtner kultivieren, zum Keimen bringen, das Überleben sicherstellen und ähnliches, während natürlich, wenn man als Gärtner, sag ich mal in einem Produktionsbetrieb ist und natürlich ein viel engeres Spektrum hat, was man da lernt, da geht es mehr darum, Masse zu produzieren, während es im Botanischen Garten ja um Vielfalt geht.

00:42:37: Was müsste ich denn jetzt mitbringen, wenn ich eine Ausbildung im Botanischen Garten beginnen und dann auch abschließen möchte? Also ich hab jetzt keine Ambitionen aber was, was sind so die Kriterien?

00:42:48: Also ein ganz zentrales Kriterium ist sicherlich die Motivation, sich auf diese Arbeit einzulassen, die Bereitschaft zu haben, wirklich mit Interesse diese Dinge auch lernen zu wollen. Aber man muss eben auch sehen: Es ist natürlich auch kein Job, mit dem man am Schreibtisch sitzt. Man ist im Gelände. Mann ist eventuell auch mal bei jedem Wetter im Gelände und es ist zum Teil auch nicht immer ganz leichte Arbeit. Wenn sie also Pflanzen topfen, Säcke mit Erde stemmen oder ganze Paletten mit Töpfen transportieren, da gehört eben dann auch schon gewisse Leistungsfähigkeit dazu, vor allem auch Leistungsbereitschaft, weil das ist schon zum Teil eine harte Arbeit, die aber eben auch sehr begeistern kann.

00:43:29: Haben Auszubildende im Botanischen Garten die Chance auf eine Übernahme?

00:43:33: Eine Übernahme im Prinzip ja. Aber es ist natürlich immer die Situation, wenn wir natürlich 13 Ausbildungsstellen haben, so wir haben niemals genug Stellen, um alle Auszubildenden hinterher zu übernehmen. Also es ist nicht so, dass jeder der bei uns eine Ausbildung macht eine Übernahmegarantie hat. Die hat gar keiner wenn er die Ausbildung macht. Andererseits sagen wir ein bisschen selbstbewusst: Auch die Leute, die den Botanischen Garten nachher mit einer erfolgreichen Ausbildung verlassen, stehen allerdings auch recht gut da und haben auch nicht die schlechtesten Aussichten im freien Markt dann noch tatsächlich nachher eine Anstellung zu finden.

00:44:06: Das heißt, im Botanischen Garten haben wir haben wir einmal Lehrende, wir haben Studierende, wir haben Auszubildende, wir haben aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die festangestellt sind, und fForschende habe ch glaube ich noch vergessen. Es ist ziemlich divers, ne? Also wie funktioniert denn die Zusammenarbeit zwischen diesen einzelnen Gruppen, die ja auch immer häufig unterschiedliche Motivationen haben, in den Garten zu gehen?

00:44:29: Ja, also wir sind ein bisschen strukturell ist es ja dadurch sortiert, sag ich mal, dass wir die Gartenleitung haben. Ich bin zwar der Direktor, ich bin der wissenschaftliche Direktor, aber die Gartenleitung besteht aus deutlich mehr. Es gibt den technischen Leiter und die stellvertretende technische Leiterin. Und die sind jetzt erstmal unmittelbar für die Belange zuständig, die für die tägliche Arbeit im Botanischen Garten relevant sind. Das heißt für die Arbeit der Gärtnermeisterinnen und -meister, der weiteren Gärtner, der Auszubildenden. Wir haben noch Mitarbeiter, die das freiwillige ökologische Jahr machen. Die sind praktisch unter deren Fittichen wenn es wirklich um die ganz konkrete Arbeit an der Pflanze im Garten geht. Die Forscher, die sitzen ja dann eher in den forschenden Instituten, also den verschiedenen Abteilungen hier, in der Universität, und nehmen dann, wenn sie für ihre Forschung die Unterstützung des Botanischen Gartens brauchen, mit dieser technischen Leitung oder mit mir Kontakt auf. Und dann wird eben gesehen was brauchen sie. Brauchen sie Flächen, brauchen Sie Pflanzen, die von den Gärtnern versorgt werden, oder brauchen sie einfach mal exotische Pflanzen, an diese sonst nicht dran kommen, wo sie sagen: Habt ihr die im Botanischen Garten oder könnt ihr die besorgen? Die sind jetzt also nicht permanent im Garten. Aber.: Sobald eine Anfrage aus der Forschung kommt, und zwar nicht nur aus der Botanik, wir haben auch zoologische Arbeitsgruppen, die bei uns anfragen, wir haben sogar Arbeitsgruppen aus der Chemie oder auch aus der Physik, die bei uns anfragen. Wenn es um Forschung geht: Der Garten versucht immer dieses möglich zu machen, weil das ist eine ganz zentrale Aufgabe des Botanischen Gartens eben die Forschung und die Lehre dort auch zu fördern.

00:46:04: Eine Gruppe habe ich tatsächlich noch vergessen, nämlich Schülerinnen und Schüler. Der Botanische Garten arbeitet auch mit der Kieler Forschungswerkstatt zusammen. Können sie ein bisschen was über die Kooperation sagen?

00:46:13: Ja, die Kieler Forschungswerkstatt ist in den Garten gekommen, da war ich schon Direktor hier in Kiel. Und das hat sich so ein bisschen ergeben, alls Frau Professor Parchman vom Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften nach Kiel kam. Da kamen wir ins Gespräch. Und sie hatte schon in ihrem vorigen Standort, ich glaube, es war Oldenburg, mit solchen Schülerwerkstätten,Erfahrung. Und der hatte ich gesagt, dass es im Botanischen Garten ein Gebäude mit einem Labor gäben und dass dieses Gebäude doch ideal geeignet wäre für eine entsprechende Schülerwerkstatt. Und diese Idee wurde dann auch aufgegriffen und in die Tat umgesetzt. Und so,ist dann tatsächlich die Kieler Forschungswerkstatt in den Botanischen Garten in dieses Gebäude hinein gekommen. Und wir arbeiten auf verschiedenen Ebenen mit dieser Forschungswerkstatt natürlich zusammen. Wir haben auch einige Module für Schulklassen entwickelt, die im Botanischen Garten angesiedelt sind. Nutzpflanzen zum Beispiel, oder auch Arzneipflanzen spielen eine Rolle, die dann zum Beispiel im Freiland oder in den Gewächshäusern von den Schülern absolviert werden, aber natürlich auch in den Laboren. Die Labore bieten da natürlich dann bei der Forschungswerkstatt auch tolle Veranschaulichung, wenn man sagt, was wird an einer Universität eigentlich so gemacht? Aber die Forschungswerkstatt macht deutlich mehr als nur Botanik. Da spielen verschiedensten Fragestellungen der Biologie, der Meereswissenschaften eine Rolle, der anderen Naturwissenschaften wie Physik und Chemie, aber sogar auch Themen wie Politik werden von der Forschungswerkstatt dort vermittelt.

00:47:40: Das ist jetzt irgendwie ganz witzig, weil wir haben uns vorhin über Grundlagenforschung unterhalten und die Bedeutung von Grundlagenforschung und jetzt sind wir auf einmal mitten in einem Transferthema drin.

00:47:49: Ja, das ist auch eigentlich ja gut so. Weil, ok, die Hauptzielgruppe einer Universität sind natürlich für die Lehre, die Studierenden, aber die Universität und gerade so eine große Universität wie die Universität Kiel als eine Landesuniversität hat ja auch eine gewisse Verantwortung. Und da ist natürlich der Botanische Garten eine ideale Struktur, um als ein Ort der Wissensvermittlung wirklich zu fungieren. Nicht in dem Sinne, dass wir den Schulen Konkurrenz machen, sondern letztlich die Lehre der Schulen unterstützen, den Schulen besondere Angebote machen können. Und auch nicht nur Schülern, sondern auch Besuchern des Botanischen Gartens erklären können, was für Wissenschaft wird an dieser Universität gemacht. Und so haben wir zum Beispiel im Botanischen Garten auch, wenn wir nicht gerade durch Corona eingeschränkt sind, Lehrwanderungen im Sommer, das heißt Professoren führen die Besucher durch den Garten einmal im Monat und stellen dann bestimmte Themen vor, die oft direkt aus deren Forschungs stammen. Und im Winter sind es dann Vorträge, die wir halten, die wir dann von diesen Kollegen haben, in denen sie ihre Forschung auch wirklich allgemeinverständlich darlegen, um mal für die Wissenschaftler auch hier die Chance zu geben, aus dem Elfenbeinturm rauszukommen und der Bevölkerung mal zu vermitteln, was in der Wissenschaft hier an der Universität Kiel alles so gemacht wird.

00:49:10: Ich meine, wenn man, wenn man mal ehrlich ist, ist der Botanische Garten ja schon ein Paradebeispiel für Transfer. Denn es ist die die publikumsstärkste Einrichtung der Uni Kiel, hat 365 Tage im Jahr geöffnet. Es gibt Sonderveranstaltungen wie zum Beispiel diese Schmetterlingschau, das darf man glaube ich nicht unterschätzen, oder?

00:49:29: Also es ist sicherlich ein Privileg, auch für eine Universität so eine Struktur wie den Botanischen Garten zu haben. Ok, sie ist natürlich auch eine Investition. Aber der Garten lockt an sich ja schon viele Besucher in die Nähe der Universität. Und dann ist es eine Sache der Universität oder von uns eben, diese Besucher ein bisschen einzufangen und sie letztlich ihnen dann eben auch dort die Universität vorzustellen, die Forschung vorzustellen, oder aber eben auch wichtige Dinge die uns am Herzen liegen, zum Beispiel pflanzliche Vielfalt, Bewahrung von Lebensräumen, Bewahrung einer lebenswerten Zukunft in Einklang mit der Natur, solche Themen dann auch wirklich hier in ins Bewusstsein zu bringen, Hintergrund dafür zu vermitteln, und auf diese Art und Weise natürlich auch für ja etwas weiterzugeben von dem Wissen, was an einer Universität existiert und das auch in die Bevölkerung zu bringen. Und dann auch durchaus auch offen zu sein für Diskussionen, die es dann auch sicherlich bei dem einen oder anderen Thema dann natürlich gibt.

00:50:32: Und tatsächlich auch für neue Techniken. Ich weiß von dem Projekt, wo ich glaube, mit Hamburg ist das zusammen, wo hier so ne wird Virtual Reality-Welt gebaut wird im Tropenwald, da ist der Garten ja auch daran beteiligt, oder?.

00:50:46: Ja, da gibt es ganz spannende Kooperationen, die sich dann auf einmal ergeben, weil jemand dort oder dort jemanden kennt. Und so hat es sich hier auch ergeben mit einem Mitarbeiter bei uns im Garten, Herr Dose, der Kontakte zur Fachhochschule in Hamburg hatte, die für solche Projekte genau die Ausrüstung und letztlich den Hintergrund haben und eigentlich immer auf der Suche sind nach interessanten Anwendungen, sodass wir eigentlich sagen, den eigentlich nur anbieten mussten: Wir haben hier einen Botanischen Garten, wollt ihr nicht mal loslegen? Und auf diese Art und Weise sind dann diese Projekte entstanden und das eine konkrete Projekt, oder zwei Projekte, eins war so ein 360-Grad-Video durch alte deutsche Wälder, ursprünglich wollten wir indie Tropenwälder, das ging in diesen, im letzten Jahr nur leider nicht. Das wurden dann Wälder auf der Insel Vilm, die noch sehr, sehr. ursprünglich sind, mit sehr wenig menschlichem Einfluss und hat einfach den Wert dieser sehr alten Wälder jetzt mal in diesem sehr eindrucksvollen Projektionsformat vorgestellt. Und das andere ist wird wirklich Virtual Reality wo Sie auch wirklich diese Brillen dann aufsetzen und dann den Stockwerkbau im Regenwald nacherleben. Das heißt, da steigen Sie praktisch in einen virtuellen Fahrstuhl und gehen durch die verschiedenen Stockwerke. Das ist ja etwas, was sie so ein bisschen auch in unseren Gewächshäusern sehen können, zum Beispiel im Tropenhaus. So ein bisschen Eindruck von einem tropischen Regenwald zu bekommen. Aber im Tropenhaus gucken sie auch immer nur von unten nach oben. Und mit solchen Techniken haben sie dann natürlich mal die Möglichkeit zu einem Perspektivenwechsel. Und so ein Perspektivenwechsel ist eigentlich immer motivierend, das kennen Sie selber, wenn sie Bilder von einer Drohne sehen. und auf einmal sagen: Mensch von hier oben sieht das ja auch mal ganz spannend aus. Das sind dann so Aspekte, die auch wieder sehr motivierend sein können und Faszination auslösen können und vielleicht Interesse, sich mit bestimmten bestimmten Thema intensiv auseinanderzusetzen.

00:52:34: Auf jeden Fall spannende, ein spannendes Projekt. Ich bin ich bin mir sicher, dass wir dann zum Zeitpunkt X die entsprechenden Infos auch auf der Internetseite vom Botanischen Garten finden werden. Sie haben jetzt ein paar Mal schon angesprochen: Sie sie sind ja nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Direktor des Botanischen Gartens. Und wie kriegen Sie denn den den Switch in der täglichen Arbeit hin zwischen den Aufgaben als Forscher und auch als Lehrender, aber dann auch so etwas, in Anführungszeichen, weltlichem wie das Direktorium des Botanischen Gartens?

00:53:10: Ich gebe zu, es ist nicht immer ganz leicht, weil der Tag wird nicht länger mit der Zahl der Aufgaben, die man übernimmt. Ich habe hier eine forschende Arbeitsgruppe mit meinen Doktoranden, also Studenten, die sich dann ganz spezifisch bestimmten wissenschaftlichen Fragen widmen über mehrere Jahre und ihr Forschungsprojekt vorantreiben. Wir haben die Studenten, die direkt im Labor arbeiten, die normalen Lehrveranstaltungen. Und also das ist ja schon eigentlich dann die normale der normale Alltag eines Professors und daneben der Botanische Garten kommt noch dazu. Und man kann es auch zeitlich nicht trennen, weil sowohl Lehre, Forschung und die Arbeit im Botanischen Garten fallen alle in die gleiche Tageszeit. Dann muss man da einfach so ein bisschen versuchen es unter einen Hut zu kriegen, und das funktioniert am besten, wenn alle, mit denen man auch zu tun hat, sowohl im Garten als auch hier meine Mitarbeiter auch Verständnis dafür haben, dass ich dann zum Beispiel auch einfach mal wieder zwei Stunden nicht erreichbar bin, weil ich gerade im Garten eine Besprechung habe oder ähnliches. Das funktioniert eigentlich ganz gut aber ja, es ist schon zeitintensiv. Aber das funktioniert auch nur, weil man eine gewissenBegeisterung dafür hat. Also das muss schon irgendwo sein ein. Es muss einem wichtig sein, damit man so einen Spagat dann auch vernünftig hinkriegt.

00:54:25: Wir hatten vorhin das schon mal grob angesprochen, so ein bisschen die Struktur des Gartens, also es gibt eine Leitung des Gartens, es gibt sie im als Direktor des Gartens jetzt. Was sind denn genau Ihre Aufgaben als Direktor des Botanischen Gartens?

00:54:40: Also die direkte Arbeit im Garten hatte ich ja schon gesagt. Das machen die Gärtnerin und Gärtner, einschließlich der technischen Leitung. Das heißt, den Garten würde es auch ohne mich geben. Ich sehe meine Aufgabe vor allem darin, ihn in der Wissenschaft entsprechend auch zu positionieren also wirklich die Wissenschaft und den Garten zusammenzubringen. Die wissenschaftlichen Sammlungen, die wir haben, wir haben ja auch viele Pflanzensammlungen, die wissenschaftlich sehr wertvoll sind, weil sie in dieser Vollständigkeit woanders eigentlich gar nicht zu finden sind, diese dann entsprechend auch zu, sag ich mal, zu schützen, dem Garten den Rücken freizuhalten, im Garten auch im Gespräch mit der Hochschulleitung alles zu ermöglichen, was wir halt so brauchen. Toitoitoi, haben eine sehr gute Unterstützung sowohl valso von den verschiedensten Bereichen der Universitätsleitung, die, glaube ich, sehr gut wissen, was sie am Botanischen Garten haben, so dass wir da auch immer sehr gute Unterstützung bekommen. Aber es muss eben ja auch kommuniziert werden, man muss miteinander im Gespräch bleiben und das ist eine ganz zentrale Aufgabe, wo ich da eben auch mit tätig bin.

00:55:50: Sie haben gerade gesagt, es geht auch um das Bekanntmachen des Botanischen Gartens in der Forschungsgemeinde. Da gibt es ja auch aktuell gerade Bestrebungen beziehungsweise Entwicklung um das Herbarium in Kiel, richtig?

00:56:00: Ja, das ist richtig, wir haben, das wissen, glaube ich viele Leute nicht, können sie eigentlich auch gar nicht wissen, wir haben einen Universitätsherbarium. Das ist zwar nicht sehr groß, im Vergleich zu anderen Herbarien, aber wir glauben.

00:56:11: Wenn ich kurz unterbrechen darf,

00:56:15: Ja, kein Problem.

00:56:15: Ich hab es jetzt gerade auch gesagt und Sie jetzt auch. Ein Herbarium, vielleicht können Sie, können Sie kurz vorher noch mal erklären, unseren Hörerinnen und Hörern, was ein Herbarium eigentlich ist?

00:56:23: Ja, ein Herbarium ist eine Sammlung von Pflanzen, von getrockneten Pflanzen. Und das ist ein bisschen so, wie es einige von den Hörerinnen und Hörern sicherlich auch schon mal selber früher in der Schulzeit gemacht hat. Man sammelt Pflanzen, man presst sie, man trocknet sie aber auch ganz flach und klebt sie dann auf dem Papier auf. Und ist dann ein Herbarium, Und wir haben tatsächlich eine Sammlung von Pflanzen aus aller Welt. Und die sind ungefähr vor, sagen wir mal so 250 Jahren schon zum Teil gesammelt worden. Wir haben tatsächlich Pflanzen von Cooks zweiter Weltreise, also Captain Cook, der ist drei mal um die Welt gesegelt. Auf seiner zweiten Reise waren Wissenschaftler dabei, der ganz viele Belege gesammelt hat, die wir hier im Kieler Herbarium haben. Das heißt, das schlummern einige Schätze. Vor allem, das war ja auch eine Zeit so ungefähr vor 200 Jahren, als sich die allgemeine Bevölkerung auf einmal für Naturwissenschaften interessierte. Das war so eine Aufbruchstimmung und es war auf einmal so, dass Naturobjekte nicht mehr nur in der Kuriositätenkammer eines Fürsten gelandet sind, sondern auch der Normalbürger hat sich für so etwas interessiert. Das heißt, es war ein unheimliche Sammelleidenschaft, die dort entstanden ist für solche Naturobjekte. Nun sind aus dieser Zeit, wo auch viele Reisen stattgefunden haben, unter anderem diese große Reise nach Südamerika von Alexander von Humbold oder auch viele Reisen durch damals fast unbekannte Bereiche der verschiedenen Kontinente in Arabien und ähnliches, die dann auch immer die Aufgabe hatten, solche Objekte mit einzusammeln. Das war zum Teil eine ganz nüchterne wirtschaftliche Motivation. Denn wenn man Pflanzen fand in anderen Teilen der Welt, mit dem man vielleicht nachher Geld verdienen konnte, war das natürlich schon mal sehr interessant. Das war vor allem für jene Länder interessant, die Kolonien hatten. Das war zum Beispiel England, Holland und ähnliche Länder, die dann natürlich das Potenzial hatten, wenn sie lebende Pflanzen einsammeln, mit Nutzpflanzenbedeutung, dann kann man die in den Kolonien vielleicht den Plantagen anbauen. Kein Wunder, dass der Botanische Garten in Kew in London so riesig ist. Es war eine seiner Hauptaufgaben genau dafür da zu sein. Das Kew-Herbarium, das hat ungefähr neun Millionen Herbar-Belege. Das würde ich in meinem Leben nicht schaffen die durchzublättern, wenn ich für jeden Herbarbeleg auch nur eine halbe Minute bräuchte. Paris ist ähnlich groß. Unser Herbarium hat, wir schätzen es derzeit nur, weil wir haben, und wir müssen uns da erst mal durcharbeiten, ungefähr hunderttausend Belege, es ist also als ein kleineres zu bezeichnet. Das Problem dieses Herbarium ist allerdings jetzt hier in Kiel: Es liegt so ein bisschen verschlossen in Schränken und keiner weiß, was ist drin. Und deswegen wollen wir es nun digitalisieren, das heißt, die Herbar-Bögen bekommen eine Identitätsnummer, werden dann auch fotografiert, und sollen dann über das Internet sichtbar werden. Uund zwar für alle sichtbar werden. Also nicht nur für bestimmte Personen, sondern für alle um dann zum Beispiel auch Wissenschaftlern zu ermöglichen, zu erkennen was liegt in Kiel? Weil viele der Pflanzen die wir ja haben, glauben wir, sind die sogenannten Typusexemplare. Das sind Herbarbelege, die von Pflanzen angelegt werden, die das erste Mal beschrieben werden. Also Neuentdeckungen. Angenommen, Sie reisen irgendwohin, finden auf irgendeinem Berg oben eine Pflanze, die gibt es noch nicht irgendwo, also die gibt es schon, aber die hat noch nie einer beschrieben, und Sie beschreiben Sie zum ersten Mal, dann müssen Sie auch ein Herbarbeleg dazu anfertigen und hinterlegen. Und solche Erstbeschreibungsbelege, sogenannte Typusexemplare, da glauben wir, dass wir einige davon in unserem Herbarium haben. Und da ist es eben wichtig, dass die auch der Wissenschaft dann wieder zugänglich werden. Und das wollen wir durch das Sichtbarmachen über das Internet dann auch ermöglichen.

01:00:03: Die Digitalisierung macht auch bei den Pflanzen nicht halt. Find ich gut.

01:00:07: Ja, und so ein Herbarium hat auch noch ein großes Potenzial, weil wir müssen bedenken, dass viele Pflanzen nur sehr, sehr schwer erreichbar sind. Zum Beispiel für Forschungsfragen. Und es ist tatsächlich möglich, aus solchen alten Pflanzen Material, was tatsächlich 200 Jahre in so einem Herbarium liegt, immer noch intakte DNA zu isolieren. Nicht ganz intakt, also das ist schon ein bisschen zerbrochen, sag ich mal, die Moleküle, aber oft noch in so großen Fragmenten, dass man damit noch gute Wissenschaft betreiben kann. Das heißt, solch ein Herbarium ist auch eine sehr wertvolle Quelle für die Forschung, für die molekulare Forschung.

01:00:43: Ist ein Vorteil das Herbarium dann nicht auch, dass man teilweise an Pflanzen ran kommt, an die man heutzutage nur sehr schwierig reinkommt?

01:00:49: Ja, ihre Frage ist völlig berechtigt. Es ist tatsächlich in den letzten Jahren immer schwieriger geworden an viele Pflanzen heranzukommen. Und das beruht da auf dem Nagoya-Protokoll, was als Teil der Abkommen zur Bewahrung der Biodiversität verabschiedet worden ist. Seit 2014 ist das gültig. Die Motivation ist, dass eben Länder, die einen sehr großen Reichtum an Arten haben, Pflanzen, Tiere, diese Biodiversität auch letztlich als einen Schatz verstehen und wenn jetzt zum Beispiel ein Forscher oder ein Unternehmen kommt, mit einer Pflanze aus diesem Land nachher zum Beispiel ein Arzneimittel entwickelt und damit Geld verdient, dann haben diese Länder eben auch Anspruch an einer Teilhabe an dem Gewinn, der damit gemacht wird. So ähnlich wie ölexportierenden Länder ja auch mit ihren Naturschätzen Geld verdienen. Die Motivation ist also völlig nachvollziehbar. Nur leider sind die Regularien sind eine einzige Katastrophe. Das ist also ein derartiger Aktenwust sich da durchzuwühlen. Viele Länder wissen gar nicht, wie sie diese Lizenzen eigentlich vergeben müssen, für die sie aber zuständig sind. So das es also sehr, sehr schwer ist, an vielen Pflanzen überhaupt dran zu kommen. Und in solchen Fällen ist natürlich ein Herbarium, in dem die Pflanzen sogar noch in einem Zustand sind, dass man noch an die Erbinformationen sogar ran kommt oder aber natürlich erst recht die Lebendsammlung in den Botanischen Gärten natürlich besonders viel wert, weil die Pflanzen, die in solchen Gärten kultiviert werden und auch schon vor 2014 da waren, die sind frei von Lizenzen und können letztlich frei verwendet werden. Im gewissen Rahmen allerdings sollte man natürlich schon irgendwo auch die Interessen von solchen Herkunftsländern waren. Und so haben sich schon sehr früh die Botanischen Gärten auch verständigt, die Herkunft von Pflanzen zu dokumentieren, um auch jederzeit sagen zu können, diese Pflanze stammte aus diesem oder jenem Land und wurde dann und dann, hat zum Beispiel den Garten zum Beispiel erreicht. Also kriegen die Pflanzen besondere Inventarnummern, um sowas nachvollziehbar zu machen. Wie gesagt, es ist nicht immer leicht an Pflanzen ran zu kommen und da sind eben diese Gärten und auch Herbarien in der Zukunft, glaube ich, eine noch viel wichtigere Quelle für Materia für die Forschung und Wissenschaft.

01:03:01: Ja das interessant weil, also ich hab also ich bin jetzt ehrlich, da hab ich noch nie drüber nachgedacht. Ich habe immer gedacht wenn ich eine Pflanze haben will, dann geh ich auf die Wiese und flücke sie oder lassen wir dann irgendwie zu schicken von von von den Kollegen aber klar, das ist letztendlich ein Kulturschatz.

01:03:13: Das ist ein Kulturschatz und erfordert, auch wenn Sie hier zum Beispiel sagen, ich lasse mir Saatgut zuschicken, das geht auch. Es gibt sogar Samenhändler in Deutschland, die Ihnen südafrikanische Saat zum Beispiel zuschicken, einverstanden, aber wenn sie die zugeschickt bekommen haben und ich würde jetzt sagen, ich forsche damit, dann muss ich mit dem Land der Herkunft Kontakt aufnehmen, also in diesem Fall Afrika, obwohl ich gar nichts mit denen zu tun hatte und um die Erlaubnis bitten, mit diesem Saatgut diese oder jene Forschung machen zu dürfen. Und das ist natürlich ein gigantischer bürokratischer Aufwand, weil die dann oft erst mal fragen: Wo hast du denn überhaupt das Saatgut her? Und dann wird es natürlich langsam komplex.

01:03:50: Ja, wenn die Bürokratie auch vor der Forschung nicht halt macht,. Aber ich glaub ich glaube beim Nagoya-Protokoll, die grundsätzliche Aussage, das haben sie ja auch gesagt, die, die ist schon richtig, dass da Mechanismen gefunden werden, um die Flora und Fauna zu schützen.

01:04:06: also die Motivation ist verständlich, ne?

01:04:08: Ja, ist immerhin auf UN-Ebene sogar verabschiedet worden, das Nagoya-Protokoll. Ich hätte so zum Schluss hätte ich noch mal eine Frage, also ich kenne den Botanischen Garten, beziehungsweise ich war schon mal da. Sie kennen den Botanischen Garten auch. Wäre ich jetzt aber noch nie im Botanischen Garten in Kiel gewesen was müsste ich mir unbedingt anschauen?

01:04:31: Es hängt von der Jahreszeit ab. Es ist sicherlich auf jeden Fall erstmal spannend, durch die verschiedenen Bereiche des Gartens zu gehen. Dann machen sie nämlich letztlich eine Weltreise auf kleinstem Raum. Wir haben die europäischen Reviere, wir haben Asien, wir haben Amerika. Wir haben das Alpinum, also praktisch die Gebirgslandschaften der Welt. Dann können Sie also in wenigen Schritten zwischen dem Himalaya, den Pyrenäen und dem Kaukasus hin und her springen. Aber natürlich, und die zu jeder Jahreszeit auch eindrucksvoll sind, unsere Schau Gewächshäuser. Wir haben sieben große Schaugewächshäuser, die um einen Innenhof angeordnet sind. Wo Sie von dem tropischen Regenwald, also in den feuchten, nassen Klima weitergehen und irgendwann in den Wüstenklimaten Afrikas und Amerikas landen. Das heißt, auch dort erleben Sie praktisch die Vielfalt der Pflanzenwelt unseres unseres Planeten und das, glaube ich, ist das, was einen sehr beeindrucken kann und hoffentlich auch oft zur Motivation beiträgt, wiederzukommen.

01:05:26: Ich hätte jetzt gewettet, dass sie sagen, wir sollen uns alle die Seerose anschauen oder den Titanwurz, aber ich glaube ein Besuch des Botanischen Gartens ist es eigentlich immer wert. Herr Professor Ober, haben Sie vielen Dank soweit. Wir haben in unserem Podcast am Ende immer eine Rubrik, die heißt Zehn Fragen an. Und Sie können sich das denken, zehn Fragen an, Sie kriegen gleich von mir zehn Fragen gestellt, wenn nichts dagegen spricht und es sind 10 Fragen und ich würde Sie einfach bitten kurz und knackig auf diese uehn Fragen zu antworten.

01:05:57: Ok, ja, einverstanden.

01:05:58: Zehn Fragen an

01:06:01: Schwarz-Weiß oder Farbeß

01:06:02: Farbe.

01:06:03: Bier oder Wein?

01:06:04: Wein

01:06:06: Lieber delegieren oder lieber selber machen?

01:06:09: Ich würde gerne mehr delegieren als selber machen. Klappt aber nicht.

01:06:12: Rock am Ring oder Bayreuther Festspiele?

01:06:16: Beides nichts. *lacht'

01:06:21: *lacht* Jetzt muss ich nachfragen: Warum nicht?

01:06:24: Keine Ahnung, ich war weder dort noch dort und naja, weiß nicht, Fragen Sie fragen einfach nochmal ich glaub ich fahr lieber nach Bayreuth, wobei ich kriege eh nie eine KArte.

01:06:36: Nee, die Frage ist jetzt gestellt Sie haben darauf geantwortet, Laub, Wald oder Nadelwald.

01:06:41: Laubwald.

01:06:42: Wenn sie nicht die Pflanzenwelt erforschen würden, dann...

01:06:44: Dann wäre ich Apotheker geworden.

01:06:46: Döner auf die Hand oder 5 Gänge menü im Restaurant?

01:06:49: Döner auf die Hand?

01:06:50: Quizshow oder Talkshow?

01:06:52: Talk Show

01:06:53: Old Spice oder der Duft des Titanwurz?

01:06:55: Dann lieber die Titanenwurz.

01:06:57: Pusteblume oder Löwenzahn?

01:06:59: Löwenzahn, weil der Rest ergibt sich dann von alleine.

01:07:02: Zehn fragen an.

01:07:05: Ja, lieber Hörerinnen und Hörer, das war wissen.schafft.dialog. der CAU-Podcast, heute mit Professor Dr Dietrich Ober, dem Direktor des Botanischen Gartens unserer Universität. Und wenn Sie mehr über den Botanischen Garten erfahren wollen, dann schauen Sie doch mal im Internet vorbei unter www.botanischer-garten.uni-kiel.de. Wenn Ihnen dieser Podcast gefallen hat und sie eine weitere Ausgabe hören möchten und diese auf keinen Fall verpassen wollen, dann abonnieren sie unseren Podcast doch auf den einschlägigen Podcastplattform. Und wenn Sie Kritik an diesem Podcast haben, Anmerkungen Verbesserungsvorschläge, vielleicht ja auch sogar ein Lob, Dann schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an podcast@uni-kiel.de. Wir freuen uns auf ihr Feedback. Bis dahin verbleibe ich mit einem freundlichen "Moin "und sage auf Wiederhören.

01:08:00: wissen.schafft.dialog. Der CAU-Podcast

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